„Der Blick zurück“

Die Geschichte eines Vereins ist immer auch ein Stück Zeitgeschichte eines Ortes. „Der Blick zurück“ sichert sich auch die Identität aus der Nähe zur Vergangenheit. Die Magie historischer Jubiläen, die vom Alter zerfurchten Gesichter und vieles mehr bürgen für die Festigkeit einer Ordnung.

„Auch in diesem Jahr will ich Deinen Geburtstag nicht vergessen, mit einem Ständchen wird’s diesmal noch nichts werden, hoffen aber für nächstes Jahr bestimmt“.
Diesen Satz schrieb am 5. März 1941 Albert Neth an den damaligen 1. Vorsitzenden Wilhelm Hartmeyer.

Dieser Satz könnte heute genauso oder ähnlich formuliert werden, denn seit Mitte März stehen immer wieder Geburtstagsständchen im Terminkalender, zu denen wir leider – der aktuellen Situation geschuldet, keine musikalischen Glückwünsche überbringen konnten oder können.

Getrennte Gegenwart

Briefe und Postkarten sind Zeitzeugen aus einer vergangenen Zeit und erzählen eine eigene Geschichte, die sich manchmal auch zwischen den Zeilen lesen lässt.

Individuelle Kommunikation zwischen Privatpersonen war Mitte des 19. Jahrhunderts nur über handschriftliche Briefe möglich. Schreibmaschine, Telegrafie oder das Telefon sind Erfindungen, die sich erst während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten. Durch die neue Bahnstrecke, die am 29. Juni 1869 feierlich in Mössingen eingeweiht wurde, konnte auch das Postwesen weiter ausgebaut werden, so dass auch Privatpersonen Briefe versenden konnten. Einzelne Briefe hatten deshalb eine viel größere Bedeutung als etwa eine Textnachricht über ein Smartphone heute. Wer einen Brief schrieb, überlegte meist sorgfältig, was er wie schreiben wollte, und musste sich dafür einige Zeit nehmen. Dagegen können wir heute persönliche Nachrichten in Echtzeit verschicken.

Briefe waren aber noch Anfang des 20. Jahrhunderts oft viele Tage oder Wochen unterwegs. Ein Feldpostbrief, der im Schützengraben geschrieben wurde, hatte einen weiten Weg hinter sich und erreichte den Adressaten möglicherweise erst nach einigen Wochen.

Beziehungen, die über briefliche Kommunikation aufrechterhalten werden, haben eine Vergangenheit und eine erhoffte Zukunft. Sie sind auf eine unbestimmte Zeitspanne angelegt und trotz der Trennung nicht beendet, aber auf eine harte Probe gestellt. Die Erinnerungen an gute alte Zeiten und die Hoffnungen auf bessere Zeiten, werden als Argumente genutzt, Freundschaft und Liebe trotz der derzeitigen Trennung nicht aufzugeben. Da eine gemeinsame Gegenwart fehlte, musste das Vergangene eben trösten. Die Erinnerung wurde bemüht, um das Leid der getrennten Gegenwart zu lindern.

„… erst wenn man für längere Zeit von der Musik getrennt ist, muß man erfahren, was es heißt für einen mit der Musik Erwachsenen, die Ausübung zagen. Wenn ich jetzt meine Trompete und Noten hier hätte, könnte ich mich mehr denn je diesem Vergnügen widmen, denn hier habe ich viel mehr Zeit und mehr Verlangen nach Unterhaltung als zu Hause…“ „… in der Hoffnung, dass wir uns alle gesund wieder sehen und unsere Arbeit dann fortsetzen, grüßt Euch Euer junge Kollege Vogt.“

Neue Medien

Zeit und Muße zuhause haben wir derzeit auch. Instrument und Noten sind, anders als bei Karl Vogt, jedoch in greifbarer Nähe. Woche für Woche freuen wir uns über die Wochenmagazine unseres Dirigenten in der Musikverein-Cloud. Nach sechs „Heftchen“ zu Theorie und Grundlagen, folgte am vergangenen Samstag endlich das heißersehnte Wochenmagazin mit der Nr. 7 zur praktischen Umsetzung. Getrennt nach Holz- und Blechregister geht es dort erst einmal mit Tonleiterübungen los, danach folgen Finger-, Flexibilitäts- und Rhythmusübungen. Übungen die auf Stücke wie „Imagasy“ oder auch „Einzug der Gladiatoren“ gut vorbereiten. Die letzte Seite des Magazins kommt allerdings viel zu schnell und trotzdem hat man das Gefühl 30 Minuten effektiv geprobt zu haben. Danke Simon!

Online-Registerproben

Mit dem neuen Wochenmagazin werden nun auch Online-Registerproben per Skype/Whatsappcall oder auch Telefon von unserem musikalischen Leiter Simon Löffelmann jeweils dienstags und mittwochs angeboten. Das ist ein völlig neuer Weg und auch Neuland für ihn, doch unproblematisch und technisch machbar. Viele Details können so direkt besprochen werden. Beste Voraussetzungen, um zu Hause selbstständig weiter zu üben. Das bedeutet aber nicht, dass auf den persönlichen Kontakt und das Erlebnis des gemeinsamen Musizierens langfristig verzichtet werden könnte – die Präsenzproben fehlen trotzdem sehr!

Im Übrigen freut sich der MVM schon sehr auf den „Tag X“ an dem wir ganz regulär und normal proben können!