Klang der Stille erfüllte die Pfarrkirche

Stille und Klangerlebnis

Stille und Klangerlebnis: der Musikverein Mössingen beeindruckte mit sanften und bombastischen Orchesterklängen 

„Musik beginnt nicht mit dem ersten Ton, sondern mit der Stille davor. Und sie endet nicht mit dem letzten Ton, sondern mit dem Klang der Stille danach“, mit diesen Worten begrüßte Jürgen Machann die anwesenden Zuhörer in der fast vollbesetzten Peter und Paulskirche.

Unter der Musikalischen Leitung von Simon Löffelmann boten die 50 Musikerinnen und Musiker ein Klangerlebnis der besonderen Art, bei der auch die Stille, zwischen den Musikstücken, nicht zu kurz kam.

„Musik – Geschenk“  Es gibt praktisch keine menschliche Emotion, die Musik nicht ansprechen kann: Sie kann uns beruhigen und aufwühlen, uns aufbauen und inspirieren. Sie kann uns aufputschen und in Ekstase versetzen — aber auch zu Tränen rühren. Ja, Musik hat Macht, denn sie geht direkt ins Herz. Musik ist eines der schönsten Geschenke Gottes. Deshalb sollte man für sie dankbar sein, sie nie missbrauchen und niemandem vorenthalten — weder Alt noch Jung. 

Magische Töne

Mit magischen Tönen eröffnete unser Trompetenregister mit dem Stück „Trompetissimo“ von Markus Götz den Konzertabend. “Waren Sie schon mal bei einem Tattoo?”, mit dieser Frage leitete unser Moderator Jürgen Machann den nächsten Programmtitel ein. Der militärische Ausdruck „Tattoo“ ist abgeleitet von „Doe den tap toe“, einem Ruf, mit dem  im 17. und 18. Jahrhundert in den Niederlanden die militärische Nachtruhe eingeleitet wurde. Dieser Ruf bedeutet soviel wie „(Tu den) Zapfen zu“. Das Tattoo findet beispielsweise vor dem beleuchteten Edinburgh Castle statt – was für eine dramatische Kulisse! Und eine Vorliebe für Dudelsackmusik hatte der Komponist Michael Korb schon immer. Mit dieser Vorstellung vor Augen erklang in der kleinen Pfarrkirche Mössingen das Stück “Highland Cathedral” und versetzte die Zuhörer für einen kurzen Augenblick in die schottischen Highlands, ehe die Reise mit „The Cream of Clapton“ weiterging. Ein Greatest-Hits-Album des Ausnahmegitarristen Eric Clapton, vereinigt Songs des Trios „Cream“ (1966 bis 1969) mit jenen von „Derek and the Dominos“ und Songs aus seiner späteren Solokarriere. Höhepunkte im Medley waren die Stücke „Leyla“, „Wonderful Tonight“ und „Tears in Heaven“. Hierbei kamen unsere beiden Virtuosen Hartmut Kehrer (E-Bassgitarre) und Martin Bieder (Akkustik- und E-Gitarre) hervorragend zum tragen. 

“Möge der Frieden weit verbreitet sein”

Mit dem Haku „Kia hora te marino“ des Deutschen Komponisten Christopher Tin startete wir über den Pazifik. “Kia hora te marino” ist in der Sprache der Maori ein traditioneller Segensruf, der so viel wie “Möge der Frieden weit verbreitet sein” bedeutet. Ein schöner und wichtiger Gedanke, gerade in der heutigen Zeit. 

Besonderheit

Ein besonderer Höhepunkt folgte mit „Soliloquy & Dance“ von Philip Parker, bei dem Marius Schifferdecker das Publikum mit einem mitreißenden Oboen-Solo begeisterte.

Als Solist konnten wir den Marius Schifferdecker – stellvertretender Solooboist der Württembergischen Philharmonie Reutlingen – gewinnen. Marius wuchs in Reutlingen auf und erhielt bereits während seiner Schulzeit Oboenunterricht. Den Diplomstudiengang Musik im Fach Oboe absolvierte er an der Musikhochschule Stuttgart. Darauf folgten dann gleich zwei Masterstudiengänge – einmal in Saarbrücken, einen weiteren in Würzburg. Seine musikalische Karriere führte ihn erst ans Pfalztheater Kaiserslautern, ehe er im Januar 2022 bei Württembergischen Philharmonie Reutlingen landete.

Die Oboe kommt von allen Instrumenten dem Klang und der Ausdruckskraft der menschlichen Stimme am nächsten: Und so erzählte unser Solo-Oboist Marius  gemeinsam mit uns Aktiven in “Soliloquy & Dance” über viele verschiedene Alltagssituationen, auf die wir alle ganz intuitiv reagieren. Während des Stückes wurden wahre Momente innerer Ruhe erlebbar, die mit Momenten purer Freude kontrastierten. Aber unser schönster Lohn spiegelte sich in den Emotionen unserer Zuhörer wider und die Tränen in ihren Augen glichen leuchtenden Perlen.

Als der letzte Ton von “Soliloquy & Dance” verklungen war, begann Pfarrer Joachim Rieger in seinen Leitgedanken über den “Klang der die Stille findet” zu erzählen. Wie aber klingt die Stille? Eine Frage, die vermutlich niemand so genau beantworten kann. Das Lied „Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel trägt genau diesen Titel.

Im Original ein unscheinbarer und ruhiger Song, der sogar nur durch einen Zufall zum Welthit wurde. Aber was verbirgt sich hinter „Sound of Silence“? Der Song beschreibt die wenig attraktive Umgebung einer Großstadt mit „Kopfsteinpflaster“ und „Neonlicht“. Auch die Anonymität der Großstadt wird thematisiert, als es heißt: „Die Leute sprechen ohne etwas zu sagen und hören ohne zuzuhören.“ Auch eine Vereinsamung des lyrischen Ichs wird in den ersten drei Strophen deutlich.

Diese Großstadtkritik wird in Strophe fünf generalisiert, in dem sie zur Gesellschaftskritik umschwenkt. Die Menschen würden sich zu sehr auf ihre Technologie verlassen „neon god“ und die Worte der Propheten „seien an den U-Bahn Wänden geschrieben“. Gemeint ist Werbung, belanglose Parolen oder Vandalismus. Es wird also eine oberflächliche Konsum Gesellschaft beschrieben, die das lyrische Ich anprangert, aber nicht gehört wird „wie stille Regentropfen“.  

Die Originalversion von 1964 wurde mit zwei Akustikgitarren, sowie einem subtil eingesetzten Kontrabass arrangiert. Bei der Overdub-Version von 1965 wurden die Gesangsspuren und die Akustikgitarre am Anfang durch zwei E-Gitarren, einen dominanten E-Bass, sowie ein Schlagzeug ergänzt und wir freuten uns, dass wir mit Martin Bieder einen exzellenten Gitarristen an der Akkustik- und E-Gitarre gewonnen hatten.

Gänsehautfeeling

Dieses Stück und zeitgleich Namensgeber des Konzertes “Sound of Silence” von Simon & Garfunkel rundete den Abend zu einem schönen Konzerterlebnis mit Gänsehautfeeling sowohl für die Zuhörerinnen und Zuhörer als auch uns Aktiven ab. 

Pfarrer Joachim Rieger freute sich darüber, dass der Musikverein wieder einmal zu Gast in der Peter und Paulskirche war und schenkte uns passend zum Motto des Abends “wenn Klang der die Stille findet” besonders schöne einfühlende Worte: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag.“ So beginnt ein schönes Kirchenlied. Das Lied erzählt vom Vertrauen auf Gott. Es öffnet einen weiten Raum, in dem Platz finden kann, was man selbst erlebt hat und auch das, was man sich wünscht und erhofft. Wir alle dürfen uns geborgen fühlen, so wie sie sind und dort, wo wir leben. 

Langanhaltender tosender Applaus war am Ende der verdiente Lohn für die vielen Probenstunden.

Musik als Geschenk

Thiemo Kraas hat sein „Andante religioso“ ursprünglich als Holzbläserquintett für die Hochzeit einer befreundeten Englischhornspielerin komponiert und dieses berührende Musikstück später für die Besetzung eines vollständigen Blasorchesters überarbeitet. Dabei hat er besonders darauf geachtet, trotz der vergrößerten Instrumentation den zarten und intimen Charakter des Werkes beizubehalten. Bei „Andante religioso“ handelt es sich um sogenannte absolute Musik, der kein bestimmtes Thema und keine bestimmte Geschichte zugrunde liegt; es ist Musik, die ganz aus sich selbst heraus wirkt und so war auch Simon Löffelmann’s Worte, als wir an der Generalprobe dieses Stück spielten: “Lasst die Musik sprechen und nehmt sie als ein Geschenk!”

Abendstille

Gefühlvoll und gleichzeitig überwältigend – mit der speziell arrangierten Version „von guten Mächten“ für Blasorchester des Komponisten Martin Scharnagl setzten wir den Schlussakkord und wünschten damit allen Konzertbesuchern einen guten Abend, eine gute Nacht sowie einen guten Nachhauseweg. 

Das geistliche Gedicht hierzu stammt von Dietrich Bonhoeffer, dass dieser in einem Brief an Maria von Wedemeyer aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin im Dezember 1944 schrieb und obwohl Bonhoeffer den Tod vor Augen hatte, zeugt das Gedicht von einem tiefreligiösen Menschen, dessen Leben von einer großen Hoffnung und Gotteszuversicht geprägt war.

Doch nicht ohne Dank!

Ein solcher Konzertabend ist nämlich nicht möglich ohne die tatkräftige Unterstützung von allen Musikerinnen und Musikern, die in zahlreichen Probestunden unter kritischer Leitung und Führung des musikalischen Leiters Simon Löffelmann, dieses Programm einstudiert hatten. Wir bedanken uns auch bei unserem Publikum sowie bei der evangelischen Kirchengemeinde und bei Herrn Pfarrer Joachim Rieger, dass wir an diesem Abend zu Gast sein durften. Außerdem ein Dank an alle, die sich vor, während und nach dem Konzert in irgendeiner Weise eingebracht und so diesen besonderen Abend ermöglicht hatten.

Für uns war es ein zauberhafter Abend, den wir in gemütlicher Runde und verschiedenen Pizzen Revue passieren ließen.